Eine Zusammenfassung über die 14 Tage Wandersegelflug zu schreiben fällt im Moment nicht leicht !
Vielleicht sind die Eindrücke noch zu frisch und man möchte die vielen Erlebnisse alle nochmals kommentieren.
Da wir es aber versprochen haben, möchten wir zunächst pragmatisch die trockenen Zahlen „sprechen“ lassen und diese mit wenigen Kommentaren erläutern. Als „Sahnehäuptchen“ unserer „Luftreise“ soll dann über die schönste zusammenhängende Tour berichtet werden, welche wir mit noch nicht gezeigten Bildern und bisher nicht erwähnten Details garniert haben.
Fakten und Zahlen
Segelflug insgesamt :
knapp 55 Segelflugstunden,
mehr als 2000 Streckenkilometer mit beiden Doppelsitzern zusammen
Straße:
Die Karte zeigt die Zusammenstellung der Flüge (rot – Hinflug und hellgrün - Rückflug) und der Straßenwege (hellblau) unseres Wandersegelfluges quer durch Polen nach Litauen und zurück. Die Karte zeigt, dass wir zumindest alle Teilstrecken im reinen Segelflug gemeistert haben. Dass es auf dem Hinweg durch Mittelpolen und auf dem Rückweg im letzten Teil bis zur Deutschen Grenze per Straße weiterging, lag einerseits am Wetter und andererseits an unserer begrenzten Zeit für die Gesamtaktion.
Alle Teilnehmer waren begeistert von den Erlebnissen und von der herzlichen Gastfreundschaft sowie der selbstlosen Hilfsbereitschaft der polnischen und litauischen Fliegerkameraden. Ohne deren Unterstützung wäre es an manchen Stellen nicht weitergegangen. Vielen Dank dafür !
Auch die unkomplizierte Art der Wettkampfleitung in Pociunai (Europameisterschaften im Segelflug – Litauen), wo wir im Feld der Teilnehmer zum Rückflug starten durften, half uns sehr an das Wetterfenster nach Westen wieder heranzukommen.
Die schönste Tour unserer Luftreise
Der erlebnisreichste Streckenabschnitt unserer Reise durch den nordosteuropäischen Himmel begann mit dem Start unserer Doppelsitzer im Teilnehmerfeld der 16. Segelflug-Europameisterschaften in Pociunai – Litauen.
Das nächste Bild aus der ASK 21 entstand während des Start in Pociunai hinter einer Wilga.
Aber nicht nur der Start beim zweiten Wertungstag der Europameisterschaften war ein Höhepunkt unserer Reise, sondern auch der Anschluss an ein Schönwettergebiet, welches westlich von uns lag und für mehrere Tage bestes Streckenflugwetter versprach.
Das nächsten Bild zeigt die Ortschaft Prienai am Fluß Nemunas (Memel), die ein paar Kilometer südlich unseres Startflugplatzes liegt.
Die Memel mündet in die Ostsee, genauer gesagt ins Haff der Kurischen Nehrung. Hinweis: Die Kurische Nehrung hat ja auch sehr viel mit den Anfängen unseres schönen Sportes zu tun.
Ab Prienai, wo wir am Vortag Kaffeetrinken waren, ging es vorsichtig bei Basishöhen um 1000 m GND in Richtung Polen weiter.
Nicht immer in Siegeshöhe fliegend und bei sehr abwechslungsreichen und gewöhnungsbedürftigen Bodenstrukturen, hatten wir bald die Polnische Grenze erreicht.
Gegen 14 Uhr Ortszeit erreichten wir dann, den uns schon bekannten Ort Suwalki (Suwalken) in Nordostpolen. Das nachstehende Bild zeigt die Stadt mit dem dahinter liegenden Fluglatz, von dem aus wir vor wenigen Tagen per Windenstart nach Pocunia geflogen waren. Die Wetteroptik Richtung Westen in die Masuren sah jetzt sehr verheißungsvoll aus und wir flogen direkt in bestes Streckenflugwetter.
Nun lag die unglaublich schöne Landschaft der Masuren vor uns und wir durften dieses Gebiet aus der „Storchenperspektive“ erleben.
Das Foto zeigt in der Bildmitte Giżycko (Lötzen) in den östlichen Masuren mit dem Niegozin („Löwentinsee“).
Die Oberflächengestalt der Masuren ist durch eine typische Endmoränenprägung entstanden. Durch die Eiszeit-Gletscher wurden gewaltige Mengen an Geröll und Erde mitgeführt. Das lose Gestein lagerte sich am Rande der Gletscher ab und gestaltete so feine Hügelketten als typische Endmoränenlandschaft. Die Schmelzwasser der Gletscher durchströmten im Laufe der Zeit diese Moränen und ließen große Sand- und Geröllflächen im Norden der Gletscher zurück. In den tieferen gelegenen Abschnitten entstanden große Seen. In dem Zusammenspiel dieser eiszeitlichen Gewalten entstand eine der schönsten Landschaften Europas - die Märchenbuchlandschaft der Masuren mit gelben Getreidefeldern, den großen Wasserflächen (Masurische Seenplatte) und dem unwahrscheinlich blauem Himmel mit phantastischer Weitsicht.
Wie im Bild gut zu erkennen, sind eine weiteres Besonderheit der Region die dunkelgrünen Wälder. Im Osten der Masuren liegt die sogenannte - Johannisburger Heide - das größte Waldgebiet Polens.
Der Wechsel zwischen den Wäldern, den goldenen Stoppelfeldern (gute Aussenlande-möglichkeiten) und den kristallklaren Seen mit den unzähligen Verbindungskanälen sind das Markenzeichen dieser Landschaft. Etwa fünf Prozent der Gesamtfläche sind mit über dreitausend Seen bedeckt. Die größten masurischen Seen sind der Spirdningsee (Sniardwy) und der Mauersee (Mamry).
Wie das Bild zeigt, haben die größten Seen großen Einfluß auf die Thermik. Deutlich zu erkennen ist in der Übersichtskarte von Wetter-Jetzt, dass um die großen Seen herum die Thermikgüte deutlich schlechter ist.
Das nächste Bild zeigt die Wolkenauflösung über den großen Wasserflächen, die uns am späten Nachmittag dieses Tages deutliche Probleme bereitete. Große Sprünge und viele Versuche mit Rückkehr zur vorherigen Thermik machte es nicht einfach Voranzukommen.
Aber die Thermik reichte an diesem Tag dann doch noch bis Ketrzyn (Rastenburg) und so erreichten wir das thermisch bessere Gebiet westlich der großen Wasserflächen. Das nächste Bild zeigt den ehemaligen Flugplatz der „Wolfsschanze“. Im rechten Bildabschnitt ist noch die alte gekreuzte Bahn zu erkennen, die noch voller Bombentrichter war.
Am nächsten Tag ging es nach dem F-Schleppstart in Ketrzyn, mit einer von Leszek Jankowski organisierten Schleppmaschine, weiter Richtung Westen.
Das Hochdruckgebiet über Mittelpolen versprach beste Bedingungen für einen Zielflug nach Grudziadz.
Bereits gegen 14 Uhr lokal erreichten wir die Hauptstadt der Masuren Olsztyn (Allenstein). Auf dem nächsten Foto ist der Flugplatz von Olsztyn am rechten Bildrand erkennbar.
Sehr gute Wolkenstraßen in Kursrichtung sorgten für ein schnelles Vorankommen und wir hatten ein gutes Gefühl unser Tagesziel zu erreichen.
Dann tauchte am Horizont die Weichsel auf und wir erkannten die Konturen der schönen mittelalterlichen Stadt Grudziadz mit den Ruinen der Ordensburg am höchsten Punkt über der Weichsel.
Den Flugplatz am östlichen Ufer hatten wir auch schnell entdeckt und wir bereiteten uns auf die Landung bei regem Flugbetrieb am Platz vor.
Die Überraschung am Platz war groß, denn wir hatten ja hier einige Tage zuvor übernachtet um auf besseres Wetter zu warten.
Der nächste Tag sollte wieder streckenflugtauglich sein und so bereiteten wir uns am Abend noch auf die Strecke nach Pila vor. Die nun schon guten Bekannten und Fliegerfreunde von Grudiadz organisierten die Aufnahmebereitschaft in Pila und versprachen uns eine F-Schleppmöglichkeit für den übernächsten Tag in Pila zu organisieren, da dort zur Zeit keine Schleppmaschine stationiert war.
In Grudziadz haben wir für den nächsten Tag zwei Windenstarts geordert, mit dem Optimismus auch gleich wegzukommen. Die Piraten die vor uns starteten und einen 5 Stundenauftrag hatten, fielen dann nacheinander wieder runter. Da haben wir schon gegrübelt, eventuell doch auf einen F-Schlepp zu erweitern.
Dann hatten wir aber Glück und es saß bei jedem der „erste Schuss“ und beiden Doppelsitzer bleiben oben. Kurze Zeit später waren wir bereits unterwegs nach Pila.
Der Tag entwickelte sich zunächst gut und es war kein Problem vorwärts zu kommen.
Mit relativ großen Sprüngen ging es zunächst die Weichsel entlang nach Westen.
Bald waren in Kursrichtung kaum noch Wolken zu sehen aber mit guter Staffelung kamen wir weiter gut voran.
Mit Zielanflughöhe auf Pila haben wir den Verband aufgelöst und jeder hat noch etwas für sich gebastelt und abwechselnd versucht Funkkontakt zum Platz in Pila aufzunehmen.
Erstaunt waren wir dann, als der Platz in Sicht kam – mit dieser Größe hätten wir gar nicht gerechnet.
Die Steigwerte waren immer noch gut aber es war vollständig abgetrocknet. Gegen 17 Uhr Ortszeit schwebten wir dann nacheinander zur Landung auf diesem riesigen Platz ein.
Wir hatten an diesen 3 aufeinanderfolgenden Tagen mit beiden Doppelsitzern insgesamt 1139 km zurückgelegt und waren jetzt für einen Ruhetag dankbar.
Der Versuch eines Résumés kann natürlich nur Teilaspekte des wirklich großen Abenteuers berücksichtigen aber wir haben versucht eine Zusammenfassung zu liefern, die besonders denen die sich auch mit dem Gedanken tragen den Nordosten Europas segelfliegerisch zu erkunden eine Hilfestellung zu liefern. Für die potentiellen Nachahmer hier noch einige organisatorische Hinweise:
Die Mannschaft:
Unsere Mannschaft war mit insgesamt 7 Personen ausreichend bemessen. 4 Personen konnten fliegen und 3 Leute führten die Fahrzeuge nach und organisierten Unterkunft, Verpflegung und sonstige Dinge (Startmöglichkeiten, Nachbesserung der Technik usw.). Die dreiköpfige Boden-Crew hätte nicht kleiner sein dürfen ! Sie wechselten sich beim Fahren ab und der 3. Mann organisierte per Handy alles Weitere. Beide Fahrzeuge waren mit GPS-Navi und CB-Funk ausgerüstet, sodass die Fahrzeuge untereinander in Kontakt bleiben konnten (Ampel-Rot-Phase). Bei Aussenlandungen wurden die Landekoordinaten ins Navi eingetippt und los ging´s zum Feld. Trotzdem gab es für den dritten Mann jede Menge zu tun z.B. bei Umleitungen, Baustellen, engen Durchfahrten, Entfernungsoptimierungen und z. T. mit Aussteigen und zu Fuß die beste Durchfahrt suchen (Leute fragen usw.).
Das Wichtigste ist natürlich das die „Chemie“ stimmt – und das war 100%ig der Fall !
Die Flugvorbereitung:
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt hatten wir uns ein Jahr lang auf dieses Abenteuer vorbereitet und mehrere potentielle Routen ins Auge gefasst. Dass es dann die Nordoststrecke geworden ist, hing mit dem Wetter und mit unserer Vorliebe, diesen Bereich segelfliegerisch auszuprobieren, zusammen.
Als Kartenmaterial nutzten wir Jeppesen VFR+GPS Charts und Aeronautical Charts VISUAL 500. Von den Karten hatten wir Farbkopien angefertigt, so dass auch die Boden-Crew über identische Karten verfügte. Für beide Doppelsitzer hatten wir uns ein „Oudie“ geleistet und mit identischem Datenmaterial bestückt. Wir glauben, es ist besonders wichtig identische Informationssysteme zu benutzen, das hält die „Alltagsfehler“ klein. In der Vorbereitung hatten wir uns von allen Plätzen auf der potentiellen Route die Anflugkarten besorgt und spezifische Details über Internetplattformen „runtergeladen“.
Henry hat für jede Besatzung noch „Einschweißkarten“ hergestellt, wo in Landessprache die wichtigsten Vokabeln für den Funkverkehr aufgelistet waren.
Extrem wichtig und hilfreich war die Webseite http://www.amc.pata.pl/, welche die polnische Luftraumsituation darstellt. Dort kann die Situation im polnischen Luftraum vom aktuellen Tag 06 UTC bis zum darauffolgenden Tag 06 UTC visualisiert werden. Jeder der den polnischen Luftraum befliegt muss sich hier informieren !
Wir hatten uns im Vorfeld unserer Luftreise ausführlich mit der Luftraumstruktur beschäftigt und schon potentielle Durchflugszenarien vorbereitet.
Die Wetterinformationen haben wir im Wesentlichen durch die Online- Selfbriefing-Systeme von pcmet und wetter-jetzt realisiert. Zweimal haben wir aber auch den DWD in Leipzig um eine Langfristprognose gebeten (Dank an Gerold Weber – hat uns sehr geholfen).
Die Verbindung ins Internet war unkompliziert, da an jedem Flugplatz W-LAN verfügbar war. Als redundantes System hatte ich mir noch einen web’n’walk - Stick besorgt. Hat in allen Ländern für 1,99 Euro pro Tag funktioniert !
Am Ende vielleicht noch eine Botschaft:
Einer muss der „Hutmann“ sein oder wie man heute sagt „the guide“ !
Die Teilnehmer:
Karl-Heinz Dannhauer
(Toni the guide)
PPL A, B, C, UL-GL
Fluglehrer
> 3.000 Flugstunden
Was war gut ?
Die Kameradschaft unterwegs, unvergessliche Flüge und Erlebnisse !
Was war nicht gut ?
Die schöne Zeit ging zu schnell vorbei!
Henry Albrecht
PPL C, H
> 300 Flugstunden
Was war gut ?
Die super Zusammenarbeit mit der Gruppe, welche sich ja kaum vorher kannte!
Die Spontanität der gesamten Unternehmung
Was war nicht gut ?
Der Magen-Darm-Virus!
Steine im Aussenlandeacker!
Bernd Gerhardt
Flugsportsympathisant
Was war gut ?
Prima Truppe, die trotz unterschiedlicher Altersgruppen und verschiedener Berufe bestens funktionierte,
schöne Erlebnisse, Kameradschaft, interessante und gute Erfahrungen mit Land und Leuten, sehr gute Vorbereitung
Was war nicht gut ?
Leider hatten fast alle zwischenzeitlich mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
> 450 Flugstunden
Was war gut ?
Tolles Team, schöne Aktionen, gut vorbereitet
Was war nicht gut ?
Wetter hätte noch besser sein können
Lutz Kern
PPL A, B, C, UL
Fluglehrer
> 3.000 Flugstunden
Was war gut ?
Gastfreundschaft,
Hilfsbereitschaft der Leute unterwegs,
unberührte Natur
Was war nicht gut ?
noch Flugschüler
> 53 Flugstunden
Was war gut ?
Schöne Landschaft bes. Masuren
Grillabend in Suwalki
Was war nicht gut ?
War alles prima !
PPL C
> 100 Flugstunden
Was war gut ?
Die Atmosphäre in der Gruppe, es gab keine „Querdenker", darum auch so gutes vorankommen, klare Aufgabenverteilung, jeder hat mit gemacht
Was war nicht gut ?
Manchmal zu langes Gemehre am Morgen,
an etwas schlechteren Tagen....deshalb zu späte Tagesplanung,
zu spätes ankommen am Ziel Flugplatz....deshalb meist kein gemütliches Zusammensitzen mehr
zu spätes ankommen am Ziel Flugplatz....deshalb meist kein gemütliches Zusammensitzen mehr
Matthias Pollmer
Er sorgte als Web-Master der Vereinshomepage des FC Oschatz dafür, dass unsere Berichte rechtzeitig in den Blog kamen und sortierte bzw. korrigierte unsere z. T. verstümmelten Meldungen aus dem fernen Nordosten Europas !
Matthias wir danken Dir !